Der
vergangene 12. April war ein Meilenstein in der Geschichte der
Vereinten Nationen. Es war das erste Mal, sich die Kandidatinnen und
Kandidaten für das Amt des UN-Generalsekretärs an öffentlichen
Anhörungen teilnahmen, in denen sie ihre „Vision“ für die
Zukunft der Weltorganisation darlegten und sich den Nachfragen der
Mitgliedstaaten stellten. (Eine Übersicht über alle Kandidaten und
ihre Lebensläufe sowie Links zu den Videos ihrer Anhörungen finden
sich hier.) Vier der acht Kandidaten nahmen im Anschluss daran
außerdem an einer von verschiedenen Nichtregierungsorganisationen
sowie dem Guardian veranstalteten Debatte teil. Eine weitere soll Anfang Juni folgen.
Eine
Veränderung zum Besseren
Diese
Anhörungen waren der vorläufige Höhepunkt bei dem Versuch, die
diesjährige Wahl des Nachfolgers von Ban Ki-moon transparenter und
partizipativer zu machen. Nachdem bislang die ständigen Mitglieder
des UN-Sicherheitsrats die Auswahl eines neuen Generalsekretärs in
der Praxis stets allein unter sich ausmachten und nicht selten bis
zur letzten Minute hinter verschlossenen Türen um Namen gefeilscht
wurde, soll das neue Verfahren für einen klareren Zeitplan und eine
stärkere Beteiligung der Öffentlichkeit sorgen. Ich habe darüber
bereits mehrmals ausführlicher berichtet, unter anderem hier
und hier.
Obwohl
die formalen Entscheidungsregeln noch immer dieselben sind wie zuvor,
gibt es guten Grund zur Hoffnung, dass diese neue Transparenz die
Wahl zum Besseren verändern wird. Anders als früher hat die
Öffentlichkeit nun eine Möglichkeit, sich eine Meinung über das
Verfahren zu bilden: Sie weiß, welche Kandidaten zur Auswahl stehen
und welche unterschiedlichen Zielsetzungen diese vertreten. Damit
aber steigt auch der Druck auf die Regierungen im UN-Sicherheitsrat,
ihre Entscheidung für den einen oder anderen Bewerber öffentlich zu
rechtfertigen. Gezielt einen schwachen und (für die Großmächte)
bequemen Kandidaten auszuwählen, wird damit etwas schwieriger als
früher: Denn nun ist klar, wie die Alternativen dazu ausgesehen
hätten.
Reformen
in den Vereinten Nationen sind möglich
Gewiss,
von einem wirklich demokratischen Wahlverfahren für die Spitze des
wichtigsten UN-Exekutivorgans sind wir noch weit entfernt. Und doch
ist das neue Verfahren ein großer Schritt in die richtige Richtung –
und ein Erfolg, den noch vor wenigen Jahren und Monaten viele nicht
für möglich gehalten hätten.
Auf
symbolischer Ebene weisen die Änderungen bei der
Generalsekretärswahl daher noch weit über ihre konkreten Inhalte
hinaus. Sie zeigen, dass der Ruf, die Vereinten Nationen könnten sich
nicht weiterentwickeln, nicht stimmt. So komplex die Weltorganisation
auch ist, so viele Interessen darin auch zusammenlaufen und sich oft
nur schwer bündeln lassen, so umständlich viele Dinge auch durch
diplomatische Konventionen und bürokratische Eigendynamiken werden:
Reformen in den Vereinten Nationen sind möglich, und ab und zu
kommen sie tatsächlich vor.
Wenn
Sie eines an den UN ändern könnten, was wäre es?
Auf
diesem Blog soll die Wahl des neuen Generalsekretärs deshalb Anlass
für eine neue Serie von Gastbeiträgen sein, in denen die
Möglichkeiten zu UN-Reform ausgelotet werden. Vertreterinnen und
Vertreter aus Politik, Wissenschaft und Zivilgesellschaft werden auf
die Frage antworten: „Wenn Sie eines an der Funktionsweise der
Vereinten Nationen ändern könnten, was wäre es?“
Den
Anfang macht in Kürze Stephen Browne, Co-Direktor des „Future
United Nations Development System“-Projekts am
Ralph-Bunche-Institut in New York.
Wenn Sie eines an den Vereinten Nationen ändern könnten, was wäre es?
1: Serienauftakt [DE / EN]
2: Ein neues Wahlverfahren für den UN-Generalsekretär [DE / EN] ● Stephen Browne
3: Das Sekretariat der Vereinten Nationen: Unabhängig, effizient, kompetent? [DE / EN] ● Franz Baumann
4: Die Bürger in den Mittelpunkt: Die Vereinten Nationen brauchen eine Grunderneuerung für das 21. Jahrhundert [DE / EN] ● Dhananjayan Sriskandarajah
5: Weichenstellung für die Vereinten Nationen: Wie kann der Sicherheitsrat reformiert werden? [DE] ● Sven Gareis
6: Die Bürger der Welt müssen die Kontrolle zurückgewinnen – mit einem globalen Parlament [DE / EN] ● Andreas Bummel
7: Elect the Council: Die globale Sicherheit braucht einen reformierten UN-Sicherheitsrat [DE / EN] ● Jakkie Cilliers und Nicole Fritz
1: Serienauftakt [DE / EN]
2: Ein neues Wahlverfahren für den UN-Generalsekretär [DE / EN] ● Stephen Browne
3: Das Sekretariat der Vereinten Nationen: Unabhängig, effizient, kompetent? [DE / EN] ● Franz Baumann
4: Die Bürger in den Mittelpunkt: Die Vereinten Nationen brauchen eine Grunderneuerung für das 21. Jahrhundert [DE / EN] ● Dhananjayan Sriskandarajah
5: Weichenstellung für die Vereinten Nationen: Wie kann der Sicherheitsrat reformiert werden? [DE] ● Sven Gareis
6: Die Bürger der Welt müssen die Kontrolle zurückgewinnen – mit einem globalen Parlament [DE / EN] ● Andreas Bummel
7: Elect the Council: Die globale Sicherheit braucht einen reformierten UN-Sicherheitsrat [DE / EN] ● Jakkie Cilliers und Nicole Fritz
Bild: By sanjitbakshi [CC BY 2.0], via Flickr.
Die Vereinten Nationen müssen vor allem endlich wieder in die Lage versetzt werden, von Washington unabhängige Entscheidungen treffen zu können.
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